
Warum Gefühle der Schlüssel zum Verkaufserfolg sind
Emotionen verkaufen (Emotion Selling®)
Ich erzähle dir kurz, was mir kürzlich passiert ist.
Ich war in Hannover einkaufen und komme mit etwas nach Hause, das ich eigentlich gar nicht kaufen wollte. Der Preis war vielleicht nicht entscheidend, die technischen Details standen bei mir nicht unbedingt im Vordergrund und trotzdem war die Entscheidung glasklar. Warum? Weil es sich gut angefühlt hatte, meine Stimmung war wirklich richtig gut.
Was war passiert?
Im Verkauf gilt seit Jahren eine einfache, aber oft unterschätzte Wahrheit: Menschen kaufen keine Produkte, sondern Emotionen. Sie kaufen nicht die neue Uhr, sondern das Gefühl von Status und Anerkennung. Sie kaufen nicht das Medikament, sondern die Sicherheit und Hoffnung auf Gesundheit. Sie kaufen nicht den Servicevertrag, sondern die innere Ruhe, dass jemand im Ernstfall da ist.
Also möchte ich dich heute etwas weiter in die Welt des Emotion Selling® entführen, damit auch du in der Lage sein kannst, noch intensiver mit Gefühlen zu verkaufen.
Wissenschaftliche Grundlagen
Das passiert im Kopf
Die Neurowissenschaft hat in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass Kaufentscheidungen viel stärker von Emotionen getrieben sind, als wir lange dachten. Der Neurowissenschaftler Antonio Damasio zeigte eindrucksvoll: Menschen, die aufgrund einer Hirnverletzung keine Emotionen mehr empfinden konnten, waren kaum in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Ohne Gefühl keine Wahl.
Studien legen nahe: Ca. 95 % unserer Entscheidungen laufen unbewusst ab. Dabei spielen Emotionen eine zentrale Rolle. Sie aktivieren unser limbisches System, das evolutionär viel älter ist als der rationale Neokortex. Erst nachdem eine emotionale Vorentscheidung gefallen ist, sucht das Gehirn nach logischen Argumenten, um diese Entscheidung zu rechtfertigen. Das ist die sogenannte Rationalisierung der Emotion.
(Und genau das habe ich, als ich zu Hause in Ruhe reflektieren konnte, in Hannover auch gemacht.)
Das erklärt, warum Kunden im Gespräch manchmal sehr rational wirken („Ich muss mir das überlegen…“), aber innerlich längst entschieden haben.
Unser Spruch: Ration schlägt Emotio.
In der Praxis
Was der Kunde wirklich kauft
Oft sprechen Verkäufer über Produkteigenschaften, Features oder Dienstleistungen.
Doch die Psychologie zeigt uns glasklar:
- Niemand kauft den Bohrer – sondern das Loch in der Wand.
- Noch genauer: Man kauft das Bild, das an dieser Wand hängen wird. Das Gefühl von Stolz, es geschafft zu haben.
- Oder im Pharmaumfeld: Man kauft nicht das Präparat – man kauft beispielsweise die Hoffnung auf mehr Lebensqualität.
Emotion Selling® bedeutet, den wahren Kaufgrund zu erkennen und anzusprechen. Rational mag der Kunde von „Kosten“, „Funktionalität“ oder „Marktposition“ sprechen – doch die tieferliegende Motivation ist ein Gefühl von Sicherheit, Anerkennung, Zugehörigkeit, Entlastung und Stolz.
Emotionen sichtbar machen
Die Limbic® Map
Wenn wir über Emotion Selling® sprechen, hilft uns ein Modell besonders, um die „unsichtbaren“ Motive von Kunden greifbar zu machen: die Limbic® Map von Hans-Georg Häusel.
Sie zeigt, dass Kaufentscheidungen in drei große emotionale Systeme eingebettet sind:
1. Stimulanz – Neugier, Abwechslung, Abenteuer
Kunden, die Neues lieben, kaufen Innovation, Überraschung, Lifestyle.
Im Verkauf: Geschichten, die Begeisterung auslösen, funktionieren hier besser als Tabellen.
2. Dominanz – Durchsetzung, Status, Macht
Kunden in diesem Bereich kaufen Anerkennung, Überlegenheit, Prestige.
Im Verkauf: Argumente, die Exklusivität, Wettbewerbsvorteile oder Einfluss betonen, wirken besonders stark.
3. Balance – Sicherheit, Stabilität, Geborgenheit
Kunden hier suchen Schutz, Vertrauen, Verlässlichkeit.
Im Verkauf: Signale wie „bewährt“, „sicher“, „verlässlich“ schaffen Vertrauen.
Die meisten Kaufentscheidungen sind eine Mischung aus diesen Motiven – mal stärker rationalisiert, mal deutlicher spürbar. Wichtig für den Verkäufer ist es, die dominante „emotionale Sprache“ des Kunden zu erkennen und bewusst zu bedienen.
Beispiel: Limbic® Map im Pharmaumfeld
- Ein Arzt, der sehr innovationsgetrieben ist (Stimulanz), reagiert stärker auf „neue Studienergebnisse“ und „bahnbrechende Therapieansätze“.
- Ein Arzt, der Dominanz-Motive zeigt, möchte vor allem als Meinungsführer gelten und setzt auf die „beste Lösung am Markt“.
- Ein Arzt, der stark in Balance denkt, braucht in erster Linie Sicherheit: „klinisch bewährt“, „langfristig verträglich“, „verlässliche Datenlage“.
Praxisnutzen
Warum Emotionalität im Verkauf so wichtig ist
Für dich als VertrieblerIn, MSL, Key Account ManagerIn, Führungskraft oder auch wenn du einfach besser überzeugen möchtest heißt das:
- Zahlen und Daten sind wichtig – aber sie schaffen selten Begeisterung.
- Emotionen schaffen Bindung.
- Kunden erinnern sich nicht an die Preislisten, sondern an das Gesprächsklima.
- Authentizität schlägt Argumentation.
- Wer mit echter Begeisterung spricht, steckt an.
Emotion Selling® ist also kein „weichgespülter Ansatz“, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor, wenn es darum geht, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen.
Ein Außendienstmitarbeiter, den ich aktuell coache, berichtete kürzlich:
„Ich habe früher mit Tabellen, Vergleichen und Preisen argumentiert. Doch der Durchbruch kam, als ich begann, Geschichten zu erzählen – über Patienten, über andere Kunden, über die positiven Veränderungen. Plötzlich hörte der Arzt nicht nur zu, sondern stellte Rückfragen. Er war emotional beteiligt. Das war der Moment, in dem ich verstanden habe: Zahlen überzeugen, aber Emotionen bewegen.“
Reflexion
Frage dich …
- Wann hast du zuletzt bewusst auf die Emotionen deines Kunden geachtet?
- Woran erinnerst du dich stärker: an die Argumente oder an die Stimmung deines letzten erfolgreichen Verkaufsgesprächs?
- Welche Emotionen möchtest du bei deinen Kunden auslösen – Vertrauen, Begeisterung, Sicherheit? Und wie willst du es individuell umsetzen?
Konkret umsetzbar
Deine ToDos
Für dein nächstes Gespräch:
- Achte gezielt auf die Körpersprache deines Kunden. Welche Emotionen siehst du? Interesse, Skepsis, Begeisterung?
- Notiere dir nach dem Gespräch: Welche Gefühle habe ich beim Kunden wahrgenommen und welche habe ich selbst ausgelöst?
- Kleiner Perspektivwechsel: Frage dich nicht nur „Was habe ich verkauft?“, sondern „Welches Gefühl habe ich verkauft?“