Die Psychologie
des Überzeugens II

Überzeugender wirken

Letztes Jahr im Februar veröffentlichten wir den Newsletter „Die Psychologie des Überzeugens“. Hier stellten wir Dir 7 Prinzipien vor, die es Dir ermöglichen, noch überzeugender zu wirken.

Wir haben zu diesem Thema viele Fragen erhalten und möchten Dir in dieser Ausgabe ein paar davon beantworten.

  1. Was stellt die Ja-Straße dar und wie ist sie einzuordnen? Inwiefern kann ich sie im Verkaufsgespräch sinnvoll einsetzen?
  2. Gibt es zwischen Prof. Cialdini und Prof. Kahneman eine Verbindung?
Illustration: Ja-Straße

Die Ja-Straße

Tipp 1

Hierzu gebe ich ein aktuelles Beispiel, dass ich kürzlich im Rahmen eines Coachingkonzeptes in einem Sanitätshaus erlebte.

Die Situation

Ein betagter Herr benötigte einen Rollator. Der Berater im Sanitätshaus stellte einige Fragen zu den Bedürfnissen des älteren Herren, wie z.B.:

  • Wie nutzen Sie den Rollator?
  • Wo überall nehmen Sie den Rollator mit hin?
  • Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Am Ende seiner Bedarfsanalyse fasste der Berater professionell folgendermaßen zusammen:

  • „Also wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe … (aktives Hinhören, supergut)
    … dann gehen Sie mit dem Rollator zum Einkaufen, weshalb eine Tasche mit angebracht werden sollte?!
    Der Kunde nickte (ist als ja zu werten, 1. Ja)
  • „Und Sie besuchen Ihre Bekannte, wozu Sie auch über Kopfsteinpflaster gehen müssen?!“
    Der Kunde nickt wieder (2. Ja)
  • „Und Sie nehmen den Rollator auch im Auto mit, sodass er leicht sein sollte?!“ (3. Ja)
  • „Und einen Schirm wollen Sie ja auch mit anmontiert haben“ (4. Ja)

Menschen möchten konsistent sein, wie Prof. Cialdini in seinem 6. Prinzip des Überzeugens (Commitment & Consistency) herausfand.

Das bedeutet im oben geschilderten Fall, dass ein Mensch, nachdem er mehrmals etwas positiv bestätigt hat (hier mehrere „Ja“ im Rahmen der Zusammenfassung) konsistent auf dieser Linie bleibt.
Es fällt ihm nun schwerer bei einer nächsten Frage „nein“ zu sagen. Dies ist gerade in der Vereinbarungsphase – beispielsweise am Ende des Verkaufsgesprächs – von besonderer Bedeutung.

Die Empfehlung

Tipp 2 - Die Entwicklung guter Gefühle beim Gegenüber

Im oben beschriebenen Fall hat der Berater – nachdem er 6 „Ja“ in seiner Zusammenfassung erhalten hat – noch etwas emotional absolut Positives geäußert: „Jetzt weiß ich genau, was Sie benötigen. Ich kann Ihnen da speziell ein Modell empfehlen.“

Das Wort „empfehlen“ oder „Empfehlung“ ist emotional sehr positiv konnotiert. Es löst bei demjenigen, der die Empfehlung hört ein positives Gefühl aus. Dabei kommt es u.a. auch zur Oxitocinausschüttung – einem Hormon, das für erhöhtes Vertrauen zum Gegenüber verantwortlich ist.

Fazit für die Praxis: Wenn Du z.B. als Berater oder Verkäufer und auch im Kollegenkreis häufiger die „Ja-Straße“ nutzt und dann eine Empfehlung aussprichst, schaffst Du einen höheren Zuspruch und eine stärkere Überzeugungsrate bei Deinem Gesprächspartner.

Die Verbindung

Prof. Cialdini und Prof. Kahneman

Eure Frage war: Gibt es zwischen Prof. Kahneman und Prof. Cialdini eine Verbindung?
Antwort: Ja, es gibt sie.

Noch einmal jedoch vorab zum Verständnis: Daniel Kahneman hat herausgefunden, dass unser Gehirn mit 2 Denksystemen arbeitet. System 1 läuft permanent und energiesparend – quasi wie ein Autopilot.

Hörst Du die Frage: „Was ist die Hauptstadt von Frankreich?“, sagst Du über das System 1 automatisch und ohne groß nachzudenken „Paris“.
Hörst Du die Frage: „Wieviel ist 2×7+47?“, schaltet das System 1 das System 2 ein, das deutlich langsamer dafür aber genauer läuft.

Der Grund ist, dass System 1 (schnelles Denken) mit der Frage überfordert ist und sich in diesem Fall externe Hilfe über System 2 (langsames Denken) holt. Das Gehirn arbeitet grundsätzlich lieber auf System 1 – denn in diesem Modus spart es viel Energie. Diesbezüglich befindet sich unser Gehirn noch in der Steinzeit.

Der Klick-Surr-Effekt

Tipp 3

Der Klick-Surr-Effekt beschreibt, dass bei einem bestimmten Wort (einem Signal) ein Schalter im Gehirn (bei Tieren und Menschen) aktiviert wird und automatisch ein Programm angestoßen wird. Das, was Du dann tust, tust Du automatisch über das schnelle Denken. Das Gehirn arbeitet hier mit Denk-Abkürzern: Heuristiken.
Durch dieses Denken entsteht allerdings eine erhöhte Fehlerquote.

Illustration: Klick-Surr-Effekt
Wie funktionieren diese Schalter und wie kann man sie in Gesprächen gebrauchen?

Beispiel 1

Von Truthennen konnten Forscher herausfinden, dass allein das Geräusch ihrer Küken „Fiep, fiep“, das Bemutterungsprogramm im Kopf auslöst. Gibt ein Küken nicht diesen Laut, wird es von der Mutter ignoriert.
Das dem Truthahn gefährlichen Stinktier wurde ausgestopft in die Nähe der Truthenne aufgestellt. Durch einen Lautsprecher tönte „Fiep, fiep“.
Der Truthennes Bemutterungsprogramm wurde aktiviert und sie näherte sich dem Stinktier, um es zu bemuttern.
Stellte man das Tonband ab, ging die Truthenne auf das Stinktier los, um ihre Küken zu beschützen.

Illustration: Klick-Surr-Effekt, Truthahn

Beispiel 2

Allen Langer hat in den 70er Jahren ein interessantes Experiment mit Mitarbeitern durchgeführt, um den Klick-Surr-Effekt zu verdeutlichen. In einer Schlange am Kopierer sollte der zuletzt Anstehende die vor ihm stehenden darum bitten, vorgelassen zu werden.

Man teilte in drei Gruppen auf:

Gruppe 1

Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Würden Sie mich vorlassen, weil ich es eilig habe?
95% sagten „Ja“.

Gruppe 2

Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Würden Sie mich vorlassen?
60% sagten „Ja“.

Gruppe 3

Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Würden Sie mich vorlassen, weil ich Kopien machen muss?
94% sagten „Ja“.

Illustration: Klick-Surr-Effekt, Kopierer

Die Signalwörter, die den Klick-Surr-Prozess in Gang bringen, sind ganz unterschiedlich: „genau“, „weil“, „deswegen“, … .
Stellst Du Deinem Kunden die Frage: „Wozu genau benötigen Sie den Rollator?“, dann denkt sein Gehirn im System 2 nach. Und Du bekommst validere Antworten mit denen Du z.B. als Berater professioneller beraten kann.

An diesem Beispiel ist deutlich zu erkennen, dass das Gehirn automatisiert auf „weil“ reagiert. Das Gehirn bleibt in diesem Fall im einfachen System 1 (Heuristiken).
Das sehen wir vor allem im Versuch der Gruppe 3. 94% lassen den Menschen mit der Begründung „…, ich muss Kopien machen“ vor. Doch genau genommen ist das eine völlig sinnlose Begründung, denn alle wollen ja kopieren.

Gucke Dir hier die Studie dazu an: www.youtube.com/watch?v=NgJ7Yj45bdY

Frazit: Wenn Du eine Bitte äußerst (z.B. an einen Kunden) und das Wort „weil“ einbindest, dann wird dieser Bitte signifikant stärker entsprochen.

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